RUNDBRIEF 4/2024
Liebe Mitglieder der Orts-, Kreis- und Stadtgruppen, liebe Einzelmitglieder unseres Landesverbandes der Landsmannschaft Schlesien!
Der letzte Rundbrief in diesem Jahr erreicht Sie aus einem sehr erfreulichen Grund etwas verspätet. Mit dem Ereignis, dem die Verzögerung geschuldet ist, möchte ich heute beginnen. Der 18. Oktober 2024 ist ein Meilenstein in unserer Vereinsgeschichte. An diesem Tag erhielten wir in Breslau den Prinzessin-Anna-Wasa- Kirchenpreis der Evangelisch-Augsburgischen Kirche in Polen. Er wird jedes Jahr an zwei Personen oder Organisationen vergeben, die durch den Einsatz in ihrer Freizeit zum Wohle der Evangelischen Kirche Augsburgischen Bekenntnisses in Polen gehandelt haben oder handeln. Dazu zählen auch Aktivitäten, die auf den Aufbau und die Vertiefung der internationalen Zusammenarbeit abzielen. Wir erhielten den Preis als Anerkennung unserer Verdienste um die Erhaltung der alten evangelischen Friedhöfe und die Zusammenarbeit mit den polnischen lokalen Gemeinschaften zur Bewahrung des evangelischen Erbes in Schlesien. Die Laudatio hielt der Präsident der Synode, Pfarrer Dr. Adam Malina. Ich durfte den Preis aus den Händen des Bischofs der Kirche, Jerzy Samiec, entgegennehmen. In meiner kurzen Rede bedankte ich mich für die hohe Wertschätzung der ehrenamtlichen Aktivitäten der LM Schlesien in Sachsen und für das entgegengebrachte Vertrauen. Dies wünschte ich mir auch im eigenen Land, wo wir als Landsmannschaft noch oft mit Mißtrauen konfrontiert werden. Ich sprach von den Anfängen der Einsätze auf evangelischen Friedhöfen, von Rückschlägen und Enttäuschungen sowie von den Erfolgen der Vereinsaktivitäten. Die Arbeit unseres Vereins trage zum Verständnis und zur Verständigung von Polen und Deutschen bei. Dabei bedankte ich mich auch für die Förderung einiger Projekte durch den Bevollmächtigten für Vertriebene und Spätaussiedler im Innenministerium des Freistaates Sachsen. Zum Ende meiner Rede überreichte ich der Synode zwei Brote zum Verteilen, auf denen das Wort „Danke“ in beiden Sprachen aufgebracht war. Der Bäckermeister Armin Hübner aus dem schlesischen Ort Horka im Freistaat Sachsen fertigte das Brot extra zur Preisverleihung. Zur Ehrung war auch Hanna Szurczak von unserem Partnerverein „TILIAE“ aus Liegnitz gekommen. Im Netz findet man einige Berichte zur Preisverleihung, auch zu den gehaltenen Reden. Sie können die folgenden Seiten aufrufen:
https://www.luteranie.pl/synod-i-wreczenie-nagrody-kosciola/
https://www.luteranie.pl/nagroda-kosciola-2024/
https://www.luteranie.pl/dzielo-pojednania-i-ochrona-dziedzictwa/
https://www.luteranie.pl/zakonczyl-sie-synod-kosciola/
https://engagiert.evlks.de/mitteilungen/mitteilungen-fuer-haupt-und-ehrenamtliche/mitteilung/aus-sachsen-zu-gast-in-breslau
Die Preisverleihung war den MDR- Regionalnachrichten aus der Oberlausitz sogar eine Meldung wert.
Nun zu weiteren Berichten von Ereignissen, die sich seit dem vergangenen Rundbrief ereigneten. Dazu sollen zwei Meldungen aus Guhrau und Umgebung den Anfang machen. Auch 2024 wurde von Mitgliedern unserer Landsmannschaft das nun schon traditionelle Hoffest im Kreis Guhrau durchgeführt. Es fand vom 5. -7. Juli statt. Bei herrlichem Sommerwetter ging es am Freitagabend mit dem Aufbau und einer „kleinen“ Verkostung los. Nach dem Frühstück ist die Gruppe am Sonnabend zum Schloß Oderbeltsch (Belcz Wielkie) gefahren. Die Besitzerfamilie empfing uns dann mit passenden Bauhelmen, die auf der offenen Baustelle nötig waren. Die Geschichte des Rittergutes (in Schlesien bezeichnete man es als Dominium) und des Herrenhauses ist sehr wechselhaft gewesen, da seit der ersten Erwähnung in Dokumenten ab dem 17. Jhd. die Besitzverhältnisse schnell wechselten und auch ein ständiger Umbau der Gebäude stattfand. Mit der Übernahme durch die Familie von Kalkreuth Mitte des 19. Jhds. wurde dann systematisch der Ausbau der Landwirtschaft vorangetrieben. Ende des 19. Jhds. übernahm die Berliner Unternehmerfamilie von Gilka-Bötzkow mehrere Rittergüter im Landkreis Guhrau, so auch Oderbeltsch und begann 1910 mit dem kompletten Umbau des Schlosses. Mitte der 1930er Jahre kaufte die Schlesische Siedungsgesellschaft das Anwesen aus der Insolvenz und betrieb es, bis die Nationalsozialisten eine Führungsakademie im Schloß einrichteten. Nach dem Krieg wurde das Schloß Kinderheim, Berufsschule und Spezialschule und seit 1990 an wechselnde Eigentümer immer wieder verkauft. Einer der letzten Besitzer versuchte dann durch Brandstiftung eine „Sanierung“ herbeizuführen. Mit der Übernahme durch die örtliche Familie soll nun das Anwesen gerettet und mit einem geeigneten Nutzungskonzept ein Wirtschaftsbetrieb aufgebaut werden. Am Abend fand dann das traditionelle Hoffest mit ca. 70 Teilnehmern statt. Die Begegnung mit inzwischen guten Freunden aus der Region und ein Kennenlernen interessanter Gesprächspartner, bei leckeren Thüringer Bratwürsten und Saalfelder Bier, ließ den Abend lang werden. Die Unterhaltung mit künstlerisch anspruchsvoller Musik ist wieder einmal durch Waldemar und seine Oberschlesische Tirolband erfolgt. Ein herzliches Dankeschön an alle Mitorganisatoren und Gästen und herzliche Einladung für 2025 (Text: Andreas Grapatin).
Der Landkreis Guhrau (poln. Gora) im Norden von Niederschlesien zählt sicher nicht zu den bekanntesten Gegenden Niederschlesiens, ist vielleicht ärmer an historischen Persönlichkeiten, Geschichtsereignissen oder Baudenkmälern. Allerdings steht in Seitsch (Siciny) eine der schönsten Barockkirchen. Aber dennoch hat auch diese Region, eingebettet in eine wunderschöne Flußlandschaft zwischen Oder und Bartsch, einiges zu bieten. Es lohnt sich also diese Region mit Fahrrad und Motorrad, aber natürlich auch mit PKW/ Caravan zu erkunden (https://dolnoslaskakrainarowerowa.pl/de). Es ist schon fast selbstverständlich, daß diese Region, wie andere auch in Schlesien, fast in jedem Ort ein Dominium oder Schloß hat. Einige wenige haben die Chance, durch einen Kauf von interessierten Personen saniert zu werden. So soll in den nächsten Monaten das Schloß Zapplau (Szaszorowice) gesichert werden, das Schloß in Lanken (Lekanow) hat eine erste Sicherung hinter sich. Ein weiteres Schloß in Gleinig (Glinka) ist zum Verkauf ausgeschrieben, hier hatte die Schriftstellerin Jolanthe von Brandenstein ihr Zuhause (Roman/ Film „Weichselkirschen“). Auch das Schloß Oderbeltsch (Belcz Wielkie) hat nun seit einigen Monaten neue Eigentümer, eine junge Familie aus der Region. Das Schloß wurde vor 10 Jahren durch eine gezielte Brandstiftung im Dachbereich zerstört und muß in diesem Bereich grundlegend neuaufgebaut werden. Eine große Aufgabe mit der die Familie sehr viel Verantwortung übernommen hat. Mit zahlreichen Aktionen und vielen Helfern aus ganz Polen, wie auch von Mitgliedern der Landsmannschaft Schlesien in Sachsen und Brandenburg, wurden bereits tonnenweise Schutt beräumt, Räume gesichert und erste Sicherungsmaßnahmen im Kellergeschoß durchgeführt. Gemeinsam erlebten die Helfer aus allen Himmelsrichtungen viele Wochenenden mit Abenteuereffekt. Das Ergebnis kann sich sehen lassen, alle Teile des Schlosses sind gesichert begehbar. In regelmäßigen Abständen werden „Tage der Offenen Tür“ durchgeführt, bei denen man Führungen in Deutsch und Polnisch erleben kann. Man kann sich auf der Facebook-Seite der Betreiber nach den Terminen erkundigen oder eigene Termine vereinbaren. Mit der entsprechenden Übersetzerfunktion der Internetseite kann man die jeweilige Sprache einstellen (https://www.facebook.com/belcz.wielki.palac). Nun wird auch an weitergehende Aktionen gedacht, mit dem die Wiederherstellung des Schlosses unterstützt werden kann. Veranstaltungen für private oder kommerzielle Filmaufnahmen, die Nutzung als Kulisse für Werbeaktionen für Mode oder Technik werden angeboten und organisatorisch begleitet. Vielleicht gibt es bald auch ein Oldtimertreffen (Text: Andreas Grapatin).
Seit dem letzten Jahr besuche ich in Breslau die Treffen der verschiedenen Initiativen, die sich ebenfalls mit der Wiederherstellung alter evangelischer Friedhöfe beschäftigen. Daß der Austausch untereinander bereits Früchte trägt, beweist das noch laufende gemeinsame Projekt mit der polnischen Stiftung „Natura Polska“. Vom 4. bis zum 6. Oktober fuhren 9 Mitglieder und Freunde unserer Landsmannschaft nach Sorau/Zary, um dort den dritten Teil des Projektes mit der polnischen Stiftung „Natura Polska“ zu absolvieren. An zwei Tagen sollten die beiden überwachsenen Dorffriedhöfe in Wellersdorf/Olszaniec und Goldbach/Kadlubia wieder ans Tageslicht kommen und vom Müll befreit werden. Der Sonnabend empfing die Teilnehmer mit kühlem und regnerischem Wetter. Ungefähr 25 Personen trafen in Wellersdorf zum Arbeitseinsatz zusammen. In seiner Begrüßung lobte Tomasz Zolkiewicz, der Leiter der Stiftung „Natura Polska“, die Leistungen der deutschen Teilnehmer beim ersten Einsatz in Syrau/Surowa, vor allem ihr Durchhaltevermögen beim Dauerregen. Danach begannen die Arbeiten. Der gesamte ehemalige Friedhof war über die Jahrzehnte völlig zugewachsen und nicht als solcher zu erkennen. Die Motorsägen fällten in vier Stunden den gesamten wildgewachsenen Baumbestand, das Gestrüpp wurde mit Astscheren entfernt, der Müll gesammelt. Zum Vorschein kam ein völlig zerstörter, fast aller Grabsteine beraubter Friedhof der ehemaligen deutschen Bewohner. Etwa 10 Grabsteine mit Inschrift konnten dokumentiert werden. Ebenso wurde das Mausoleum bzw. der Erbbegräbnisbau der Familie Zehe wieder sichtbar. Im Güteradreßbuch von 1873 ist von einem Kaufmann Carl Zehe aus Sorau die Rede, der eine Ziegelei, eine Brennerei und außerdem in Petersdorf 1031 Morgen Land besaß. Zu erkennen war nach dem Einsatz auch wieder der ehemalige Eingang zum Friedhof und sein lindengesäumter Hauptweg. Zum zweiten Einsatz in Goldbach am Sonntag erschienen deutlich weniger Teilnehmer. Auch in diesem Dorf war der ehemalige Friedhof der Deutschen nicht mehr zu erkennen. Wie bereits in Wellersdorf kam ein völlig verwüsteter und seiner Grabsteine beraubter Friedhof zutage. Nur drei Grabsteine mit Inschrift fanden die Helfer am Vormittag. Das Wetter spielte an diesem Tag mit. Trotz großer Anstrengung gelang es an diesem Tag nicht, die gesamte Fläche des ehemaligen Friedhofs freizuschneiden und zu beräumen. So blieb eine Hälfte des Friedhofs unbearbeitet. Auf Fragen zur Fortsetzung der Arbeiten wurde auf die Gemeindevorsteher verwiesen. Die weiteren nachhaltigen Maßnahmen werden von den Ortsvorstehern und Einwohnern erwartet und in deren Verantwortung übergeben. Am 9. November geht unser Projekt mit einer Konferenz in Sorau zu Ende.
Eine weitere „Frucht“ erbrachten die Treffen in Breslau für ein neues Mitglied für uns. Es soll hier selbst zu Wort kommen. „Mein Name ist Ludger Kuhnert, meine Familie väterlicherseits wohnte in Kraschen zwischen Groß Wartenberg und Neumittelwalde. Mein Großvater verstarb 1944 und wurde auf dem Friedhof Kraschen begraben. Vater mit Oma, Tante und Neffe flüchteten 1945 über das Riesengebirge in die Tschechei. Nach Kriegsende kehrten sie unter unseligen Bedingungen wieder zurück, aber daheim waren schon fremde Leute. Bis 1947 mußten (konnten) sie noch bleiben und landeten nach der Vertreibung irgendwo in Sachsen. Meine Mutter stammte aus Langenbielau, und ich hörte immer, egal wo wir lebten, hier seien wir nicht zu Hause unsere Heimat sei Schlesien. Das ging mir in Fleisch und Blut über und bestimmt bis heute mein Leben. Vater sagte immer, Kraschen ist das schönste Dorf der Welt. Vielleicht war es das ja auch mal. Wir waren oft dort, und der Friedhof, auf dem mein Opa lag, war immer das Hauptärgernis: zerstört, zerfallen überwuchert. Mein Traum war, dort mal irgendwann eine Verbesserung herbeizuführen, vielleicht auch einen Gedenkstein aufzustellen. Durch eine wirklich glückliche Fügung lernte ich Herrn Friedemann Scholz von der Landsmannschaft Schlesien/ LV Sachsen kennen. Er sendete auch mir seinen Rundbrief zu und dort wurde von einem Herrn Edmund Gos aus Groß Wartenberg berichtet. Dieser Herr bringt Friedhöfe um Groß Wartenberg in Ordnung. Herr Gos war sofort aufgeschlossen und erledigte alle notwendigen Arbeiten mit Denkmalamt, Gemeinde usw. Am Sonnabend, dem 20. Juli 2024 starteten wir unseren Arbeitseinsatz auf dem Friedhof Kraschen. Ich konnte meine Tränen kaum zurückhalten so betroffen und gerührt war ich. Mindestens 10 PKW standen unten an der Straße, sehr viele Menschen jeder Altersgruppe, bestimmt 25 Personen. Unglaublich. Es waren Mitstreiter von Herrn Gos, natürlich er selbst, Dorfbewohner, eine offizielle Mitarbeiterin der Gemeinde Neumittelwalde und Verwandte von meinem polnischen Onkel anwesend. Es wurde begonnen, das Unterholz und die nicht so dicken Bäume zu entfernen und riesige Mengen Grünzeug mit einem Traktor abzutransportieren. Wir suchten nach Grabsteinen und Platten. Es wurden einige wenige noch gut lesbare Grabsteine gefunden und teilweise wieder aufgerichtet. Nach einigen Stunden Arbeit stellte Herr Gos noch ein offizielles Schild auf (auf dem festgehalten war, daß an dieser Stelle der offizielle Friedhof des Dorfes war/ist. Jeder solle sich so verhalten, als ob seine eigene Familie dort läge. Vielleicht schaffe ich es (auch mit einigen Spenden), den von mir erträumten Erinnerungsstein daneben zu setzen“.
Am 27. Juli trafen sich verschiedene ehrenamtliche Initiativen, die bisher in Breslau tagten. Das sechste Treffen fand erstmals als „Arbeitstagung“ statt. Die Akteure kamen in Wiesenthal/Bystrzyca in der Nähe von Lähn/Wlen zusammen. An dem Ort ihrer familiären Wurzeln arbeitet seit einigen Jahren Frau Ingrid Schnabel-Mumme (die auch an den Breslauer Treffen teilnimmt) mit weiteren Helfern auf dem dortigen Friedhof. An dem Tag fanden sich ca. 20 Personen zu dem Arbeitseinsatz ein, darunter auch die Mitglieder unseres Partnervereins „TILIAE“ aus Liegnitz. Mehrere Teilnehmer befaßten sich mit dem Freilegen noch erhaltener Grabsteine. Im rechten unteren Teil wurde ein Gräberfeld freigelegt, das winzige Grabsteine mit Nummern umfaßte. Vermutlich wurden dort die Kinder begraben, die im ersten Lebensjahr starben. Gut erhalten ist das Kriegerdenkmal für die Gefallenen des 1. Weltkrieges, was links im oberen Bereich des Friedhofs steht. Allgemein sind sehr wenige lesbare Grabsteine erhalten geblieben. In Wiesenthal entstanden auch einige Filmaufnahmen für den geplanten Dokumentarfilm über die ehrenamtlichen Initiativen zur Rettung alter Friedhöfe.
Seit dem 3. April dieses Jahres ist das neue Museum für die „Bunzeltippla“ und „Bunzeltöppe“ geöffnet. Es befindet sich in dem restaurierten Schloß des Grafen Eduard Maximilian Ferdinand von Pückler, welches seit 1857 in der jetzigen Form besteht. Die Renovierungsarbeiten wurden von norwegischen Fonds mitfinanziert. Im Museum kann man die größte Sammlung von Bunzlauer Keramik bewundern. Die ständige Ausstellung verbindet die Geschichte der Keramik mit der Entwicklung von Bunzlau vom Mittelalter bis heute. Dabei wird der deutschen Geschichte der Keramikherstellung breiter Raum eingeräumt. Die Flucht und Vertreibung der deutschen Bevölkerung ab 1945 wird in einem Film und in Texten ehrlich beim Namen genannt. Der Besucher erfährt auch, aus welchen Gebieten die polnischen Einwohner stammen. Nach den zaghaften Anfängen einer polnischen Nachkriegsproduktion und der stetigen Entwicklung kann man dann die ganze Vielfalt und Klasse der heutigen Produktion verschiedener Firmen bewundern. Alle Farben, Muster und Formen sind vertreten, auch die Verbindung von Glas und Keramik ist sehenswert. Doch es gibt auch etwas Grundsätzliches zu bemängeln. Die Kritik bezieht sich auf die fehlende deutsche Beschriftung der Ausstellungsstücke, bei Texten, Filmen und Dokumenten. Die Vitrinen sind dreisprachig beschriftet, in Polnisch, Englisch und Norwegisch. Da Norwegen Partner bei dem o. g. Projekt war, wird die Stadt das dementsprechend erklären. Die Nationalität der Besucher des Museums spricht aber klar dagegen. So steht der deutsche Besucher ziemlich ratlos da. Es hilft nur, eine Führung zu nutzen, die auch in Deutsch angeboten wird. Der Eintritt kostet 15 Zloty für Erwachsene und 8 Zloty für Ermäßigte. Donnerstags kann das Museum unentgeltlich besucht werden. Parken ist kostenfrei auf dem Museumsparkplatz möglich, wo auch Busse Platz finden. In Verbindung mit dem Besuch in Bunzlau besuchte ich auch Giersdorf/Zeliszow, wo unsere Landesmannschaft 2019/2020 drei Arbeitseinsätze auf dem dortigen evangelischen Friedhof durchführte. Leider ist seitdem nichts mehr geschehen, um den erreichten Zustand zu halten. Dafür gehen die Restaurierungsarbeiten in der nebenstehenden Kirche langsam voran. Eine ehrenamtliche Mitarbeiterin zeigte uns die Baufortschritte.
Ein großer Erfolg war der bereits sechste Arbeitseinsatz in Nieder-Schreiberhau. Trotz aktueller Bedenken wegen der kurz vorher eingetretenen Flutkatastrophe in Schlesien fand der Einsatz statt. Allein 16 Mitglieder unserer Landsmannschaft fuhren am Wochenende 20.-22.September ins Riesengebirge. Das stand in diesem Jahr ganz im Zeichen des 180-jährigen Jubiläums der Weihe des bekannten Friedhofs. Aus diesem Anlaß organisierten die Stadt und das Riesengebirgsmuseum in Hirschberg zwei begleitende Veranstaltungen. Am Freitag wohnten wir einem Vortrag zur Geschichte des Friedhofs bei, welcher im Gebrüder- Hauptmann-Museum stattfand. Am Sonnabend trafen sich unsere Teilnehmer mit noch 22 Einwohnern, Gästen und Unterstützern anderer Vereine (Verein zur Pflege schlesischer Kultur und Kunst und Teilnehmer der Treffen in Breslau ehrenamtlicher Initiativen zur Rettung alter Friedhöfe) zum Arbeitseinsatz, der 9 Uhr vom neuen Bürgermeister, Pawel Poplonski, eröffnet wurde. Der Schwerpunkt der Arbeiten lag in diesem Jahr auf dem unteren Teil des Friedhofs. Im oberen Teil wurden die angefallenen Grasmengen vom Mähen abgefahren, Wildwuchs verschnitten und einige Wurzelballen des Wildwuchses gerodet. Unten reinigten die Teilnehmer die Stufen ehemaliger Grüfte von jahrzehntealtem Wildwuchs, legten einen alten gepflasterten Weg teilweise frei, säuberten Grabsteine und richteten Grabeinfassungen. Eine Gruppe widmete sich der markanten Ruine der Preußler-Gruft und deren Umgebung. Dank der hohen Beteiligung und des guten Wetters konnten an diesem Tag große Fortschritte erzielt werden. Der Bürgermeister beteiligte sich die gesamte Einsatzzeit tatkräftig an den Arbeiten. Er versprach auch weiterhin möglichst größere Unterstützung bei der Aufgabe, dem Friedhof wieder ein ordentliches Aussehen zu geben. Um 14 Uhr endete der Arbeitseinsatz und die Beteiligten trafen in der „Iser-Hütte“ zum Grillwurstessen zusammen. Um 16.30 Uhr wartete die zweite Veranstaltung im Rahmen des Wochenendes auf Gäste und Einwohner. Viele Mitglieder der LM Schlesien fanden den Weg zum Konzert in die kleine Kirche von Nieder-Schreiberhau. Zu Beginn bedankten sich der Pfarrer und die Künstler öffentlich für die langanhaltende ehrenamtliche Arbeit unserer schlesischen LM aus Sachsen auf dem evangelischen Friedhof des Ortes.
Sie alle haben von dem verheerenden Hochwasser in Schlesien gehört. Sicher hat der eine oder andere bereits privat an die Hilfswerke gespendet. Auch die Teilnehmer des Wochenendes in Schreiberhau haben 250 Euro gesammelt und einer Hilfsorganisation für das Teschener Land gespendet.
Am 9. November finden die Bundesvorstandssitzung und die Bundesdelegiertenversammlung in Königswinter statt. Da ich an diesem Tag zum Projektabschluß in Sorau bin, wird mich mein Kollege aus Berlin, Lic. Dirk Carolus Metzig, vertreten und auch mein Stimmrecht wahrnehmen. Beide Landesverbände haben einen gemeinsamen Antrag an die Bundesdelegiertenversammlung zur Abstimmung geschickt, der die Bundeslandsmannschaft auffordert, künftige Deutschlandtreffen der Schlesier in Görlitz abzuhalten. Dazu empfehlen wir, daß eine Arbeitsgruppe gebildet wird, die ein neues Konzept dazu erarbeitet. Hintergrund ist der seit Jahren inakzeptable Besucherzuspruch in Hannover. Über das Abstimmungsergebnis kann ich im nächsten Jahr berichten. Auf der diesjährigen Delegiertenversammlung wird auch der Bundesvorstand neu gewählt.
Seit Ende August existiert nun unsere neue Netzseite. Wir hoffen, daß Sie schon regen Gebrauch von ihr machen. Viele Berichte unserer Einsätze und Aktivitäten finden Sie ausführlicher und mit Fotos auf unserer Seite. Bitte klicken Sie diese immer wieder einmal an, so plaziert uns die Suchmaschine im Netz immer wieder ein Stück weiter vorn. Noch gehen die Arbeiten an der Seite weiter. Einige Inhalte der alten Seite sollen noch übertragen werden.
Auch in diesem Jahr möchte ich etwas über meinen privaten Urlaub, eine Donau- Flußkreuzfahrt berichten. Sie führte mich in 14 Tagen in sieben Länder. Ich will hier nicht die vielfältigen Eindrücke schildern, sondern einen Punkt herausstellen. Wie ein roter Faden begleitete er mich die ganze Fahrt. In allen osteuropäischen Ländern erzählten die jeweiligen Reiseführer Geschichten von den Deutschen, die in ihren Ländern lebten. Sie machten deutlich, welche wirtschaftlichen und kulturellen Leistungen mit den Deutschen ins Land kamen und nach den unsäglichen Vertreibungen fast wieder verlorengingen. Sie sprachen mit Hochachtung von unseren Vorfahren und freuen sich darüber, daß es noch kleine deutsche Minderheiten in ihren Ländern gibt. Doch weshalb waren so viele Deutsche im Donauraum ansässig? Die ständigen Kriege mit den Türken hinterließen entvölkerte Landschaften. Um dieses Land wieder zu nutzen, warben die Herrscher mit Steuererleichterungen deutsche Siedler ins Land. Die Länder nahmen daraufhin einen wirtschaftlichen Aufschwung, die Deutschen lebten mit den Einheimischen friedlich zusammen. 1945 kam dann das jähe Ende mit Flucht und Vertreibung. Achtung und Dankbarkeit gilt dem Umgang der Ungarn (auch Rumänen) mit dem Vertreibungsverbrechen. Wir besuchten an einem Tag Hajosch/Hajos, ein wunderschönes Dorf mit über 1200 Weinkellern. Bei der Führung durch den Ort erfuhren wir, daß das Dorf durch deutsche Siedler gegründet wurde. 1945 wurden sie fast alle vertrieben, manche konnten jedoch bleiben oder kehrten nach 1950 zurück. In den letzten Jahren sind 300 Deutsche neu nach Hajosch gekommen. Im Ort befindet ein Museum der Ungarndeutschen, welches liebevoll von ihnen betreut wird. In der Ortsmitte steht seit 2022 außerdem ein beeindruckendes Denkmal, welches an die Vertreibung der Deutschen erinnert. Einmalig daran ist, daß die Namen aller 500 Vertriebenen darauf zu lesen sind. So bekommen diese Menschen ein würdiges und persönliches Gedenken. Man wünscht sich, daß auch andere Staaten, die an den Austreibungen beteiligt waren, ähnliche Zeichen der Reue setzen.
Einen ausführlichen Bericht mit aussagekräftigen Bildern und dem Film über die Einweihung finden Sie unter https://www.zentrum.hu/de/2022/07/denkmal-in-hajosch-zur-erinnerung-an-die-vertriebenen-eingeweiht/.
Eine Leseempfehlung möchte ich auch wieder geben. Durch einen Zufall bekam ich die Neuauflage eines Buches von Ewald Gerhard Seeliger in die Hände. Ein mir persönlich unbekannter Schriftsteller, der am 11.10.1877 in Rathau/ Kreis Brieg geboren wurde. Seeliger schrieb zahlreiche Bücher und Erzählungen, er gehörte zu den erfolgreichsten Schriftstellern des 20. Jahrhunderts. Sein bekanntestes Werk ist wohl „Peter Voß der Millionendieb“. Seeliger schrieb über seine schlesische Heimat in verschiedenen Romanen und Novellen. Darunter zählt auch das neu herausgegebene Büchlein „Leute vom Lande“. In acht tragischen Geschichten nimmt uns der Autor mit ins Schlesien um 1900. Liebevoll und einfühlsam beschreibt er die Menschen mit ihren Hoffnungen und Alltagssorgen in dieser Zeit. Die Erzählungen bilden das ganze Spektrum, auch der negativen menschlichen Eigenschaften ab. Sie handeln von verletztem Stolz und dem Alleinsein, von Verführung und Scham, von Geiz und Hartherzigkeit, von fehlender Mutterliebe, Aufstieg, Hochmut und Absturz, von Lug und Trug und Heuchelei, Haß, Neid, Eifersucht und Mord. Alle Geschichten könnten auch heute so passieren. Das macht das Büchlein zur zeitlosen und kurzweiligen Lektüre. Für mich eine wirkliche Überraschung und Neuentdeckung, die Lust darauf macht, mehr von diesem Schriftsteller zu lesen. Schon seine biographischen Daten zeugen vom bewegten Leben E. G. Seeligers und wären ein eigenes Buch wert. Er starb am 18.6.1959 in Cham. Danach geriet er fast völlig in Vergessenheit. Es ist dem Herausgeber, Herrn L. Alexander Metz zu danken, daß dieses Werk wieder erhältlich ist. Er ist es auch, der das literarische Erbe Seeligers verwaltet. Das Buch eignet sich vorzüglich als kleines Geschenk- nicht nur für Schlesienliebhaber (BoD- Books on Demand, 1. Auflage 2024, 138 Seiten, 9,99 Euro, ISBN 978-3758387555).
Damit endet der letzte Rundbrief des Jahres. Genießen Sie noch die letzten Sonnenstrahlen im Herbst. Außerdem wünschen wir Ihnen, unseren Freunden und Unterstützern schon eine besinnliche Adventszeit, ein gesegnetes Weihnachtsfest und ein friedliches Neues Jahr.
Im Namen des Vorstandes bin ich mit heimatlichen Grüßen
Ihr Friedemann Scholz
RUNDBRIEF 3/2024
Liebe Mitglieder der Orts-, Kreis- und Stadtgruppen, liebe Einzelmitglieder unseres Landesverbandes der Landsmannschaft Schlesien!
Der dritte Rundbrief des Jahres erreicht Sie zu Beginn der Sommermonate. Viele von Ihnen werden in den nächsten Wochen die Koffer für den wohlverdienten Urlaub packen. Einige unserer Leser werden wieder in die Heimat ihrer Kindheit oder ihrer Vorfahren reisen.
Am 27. April fand die Studienfahrt mit Vertretern der polnischen Stiftung „Natura Polska“, dem Görlitzer Verein GÜSA e.V. und Mitgliedern unserer Landsmannschaft statt. Auch der Görlitzer Verein ist Partner bei dem grenzüberschreitenden Projekt „Friedhof- historischer und kultureller Raum und seine zukünftige touristische Nutzung im deutsch-polnischen Grenzgebiet“. Mitglieder unseres Landesverbandes sind an den vier verschiedenen Teilen des Projekts fest eingebunden (Rundbrief 2/2024). In dem Zusammenhang rufen wir noch einmal zur Mitarbeit am Projektwochenende 5./6.Oktober 2024 auf, wo auf zwei Dorffriedhöfen in der Gegend von Sorau/Zary gearbeitet wird. Die erste Station der Studienreise war Ralbitz im Kreis Bautzen, wo der dortige sorbische Friedhof besichtigt wurde. Die Besonderheit der Anlage besteht darin, daß alle Gräber ein einheitliches Aussehen haben. Die Stellung oder das Ansehen der Person zu Lebzeiten spielt keine Rolle, jeder ist vor Gott gleich. So steht auf jedem Grab ein weißes Holzkreuz mit den persönlichen Daten des Verstorbenen. Familiengräber oder reservierte Grabstellen bestehen nicht. Die Bestattungen erfolgen nach dem Sterbedatum. Zweite Station der Reise war ein Besuch der Gedenkstätte für gefallene polnische Soldaten in Crostwitz. Am 28.4.1945 verloren 2000 von ihnen ihr Leben bei den Kämpfen mit der deutschen Wehrmacht. Für diese war es die letzte erfolgreiche Operation im Abwehrkampf. In der DDR-Ära wurde an dem Denkmal wiederholt der Befreiung vom Faschismus und dem Heldenmut der „Befreier“ gedacht. Anschließend führte uns die Reise zum Kloster St. Marienstern in Panschwitz-Kuckau, einer Zisterzienser- Abtei. Sie wurde 1248 gegründet und blieb ohne Unterbrechung bestehen. Einige Bereiche sind für die Öffentlichkeit zugänglich: Klosterkirche, -garten, -museum, -gaststätte und -laden. Bis 1972 bestand auch eine Klosterbrauerei. Heute wird das Bier des Klosters in Wittichenau gebraut.
Sorbischer Friedhof Ralbitz Nikolaifriedhof Görlitz
Den Abschluß der Besichtigungstour bildete der Besuch des Görlitzer Nikolaifriedhofs. Dieser wurde bereits im 12. Jahrhundert angelegt und war bis 1847 der Hauptbegräbnisort der Stadt. Die jahrhundertealten Grabsteine, Grüfte und Epitaphe bezeugen früheste Begräbniskultur. Auf ihm ruhen z.B. der Mystiker Jakob Böhme und der Maler Johannes Maximilian Avenarius, der u.a. die Paradieshalle von Gerhart Hauptmanns Wiesenstein in Agnetendorf schuf. Der ereignisreiche Tag endete mit einem Mittagessen im „Stellmacherhaus“ in Ost-Görlitz. Das 1822 gebaute Umgebindehaus stand in Weigsdorf, in der Nähe des Ortes Reichenau/Bogatynia- bis 1945 zu Sachsen gehörend. Als der Tagebau Türchau/Turow das Gelände des Dorfes beanspruchte, wurde das Haus von einer Privatperson gekauft, in Einzelteile zerlegt und am jetzigen Standort wiedererrichtet. Es ist das einzig erhaltene Haus des früheren Ortes.
Am 13./14.April 2024 halfen einige Mitglieder unseres LV bei einer privaten Initiative im Kreis Guhrau. Im Ort Oderbeltsch/Belcz Wielkie steht ein imposantes Schloß, das früher einer Familie von Gilka- Bötzow gehörte. Vor 10 Jahren wurde durch Brandstiftung das gesamte Dachgeschoß zerstört. 2023 wurde das Schloß durch die Landwirtschaftsagentur in Breslau an eine junge ortsansässige Familie verkauft. Für die genannten Tage hatten die Besitzer über ihre „Facebook“-Seite einen Aufruf für ehrenamtliche Hilfe beim Beräumen gestartet. Zur großen Überraschung kamen ca. 50 Personen und Gruppen aus ganz Niederschlesien, darunter sechs Mitglieder unserer LM Schlesien. So konnte an den beiden Tagen die Grundlage für den Aufbau des Schlosses gelegt werden. Ende Mai schrieb uns der „Schloßherr“ einen Brief, in dem er sich für die tatkräftige Hilfe unserer Mitglieder bedankte. Gleichzeitig schlug er eine Kooperation beim Wiederaufbau des historischen Denkmals mit unserem Verein vor. Er lud uns zu einer Besichtigung vor Ort mit anschließendem
Meinungsaustausch ein. Im Antwortschreiben verwiesen wir darauf, daß es für eine ehrenamtliche Unterstützung durch uns einiger Voraussetzungen bedarf. So erwarten wir eine professionelle Planung und Finanzierung sowie ein tragbares Nutzungskonzept. Erwartungen nach finanzieller Hilfe sind nicht angebracht. Wir warten jetzt aber erst einmal den Termin vor Ort ab.
Im letzten Rundbrief berichteten wir vom Vorhaben, den Gedenkstein auf dem ehemaligen evangelischen Friedhof in Strehlen/Strzelin gemeinsam mit der Bundesheimatgruppe zu renovieren. Nach dem vorausgegangenen Gespräch mit der Bürgermeisterin der Stadt können wir heute vom erfolgreichen Abschluß des Projekts berichten. Das Foto zeigt den renovierten Stein. Es bleibt zu hoffen, daß die Bepflanzung der unmittelbaren Umgebung des Gedenksteins auch noch erneuert wird. Sicher haben Sie schon bemerkt, daß seit einigen Wochen unsere Netzseite nicht mehr auf dem neuesten Stand ist. Leider kann der bisherige Betreuer unserer Seite diese Aufgabe aus familiären Gründen nicht mehr wahrnehmen. Wir waren dadurch gezwungen, einen neuen Betreiber zu suchen. Eine Firma in Kamenz wird in Zukunft diese Aufgabe übernehmen. Allerdings muß die Seite komplett neugestaltet und den heutigen gültigen Vorschriften und Formaten gerecht werden. Das Vorhaben erfordert auch eine erhebliche Geldsumme, die nicht im laufenden Haushaltplan eingestellt ist. Derzeit werden die Nutzer unserer Seite auf die geplante Neugestaltung hingewiesen. Wir hoffen, daß im August das Grundgerüst der neuen Seite zur Abstimmung vorliegt. Bitte rufen Sie die Seite trotzdem immer mal wieder auf, damit wir beim Auffinden im Internet nicht an Boden verlieren.
Erfreuliches gibt es vom Landesverband der LM Schlesien in Berlin/Mark Brandenburg zu berichten. Nach jahrelangen Versuchen, den Landesverband dort wieder zu beleben, scheint das jetzt gelungen zu sein. Unser Mitglied Lic. Dirk Carolus Metzig übernahm dabei gemeinsam mit dem langjährigen Landesvorsitzenden Wolfgang Liebehenschel die Initiative. Es gelang ihm, mehrere jüngere Leute als Mitglieder für den Vereinsvorstand zu gewinnen. Außerdem konnte er die noch verbliebenen Mitglieder mobilisieren und damit eine Grundlage für einen Neubeginn legen. Allerdings führte die Hilfe dann ungewollt dazu, daß er am 18. Mai 2024 zum Landesvorsitzenden in Berlin gewählt wurde, weil Hfrd. Liebehenschel kurzfristig den Vorsitz aus persönlichen Gründen niederlegte. Damit seine Bemühungen im Vorfeld nicht vergeblich waren, nahm unser Mitglied die große Herausforderung an. Wir werden die Gelegenheit nutzen, um künftig eine enge Zusammenarbeit mit dem Landesverband unter seinem Vorsitzenden zu verabreden. Nur in Sachsen und Berlin/Mark Brandenburg bestehen damit eigenständige Landsmannschaften, sie sind also die einzigen Vertreter für ganz Mitteldeutschland. Diese Gegebenheit wird mehr Aufmerksamkeit vom Bundesvorstand erfordern. Bisher sahen wir uns als die einzige kritische Stimme in Königswinter.
Am 31. Mai enthüllten in Bad Harzburg der Bürgermeister der Stadt und der Künstler Prof. Rumpf einen lebensgroßen bronzenen Rübezahl. Das Kunstwerk ist ein Geschenk des Heimatbundes Hirschberg an die Patenstadt von Schreiberhau/Riesengebirge. Viele Bürger von Bad Harzburg und ehemalige Bewohner Schreiberhaus wohnten der Einweihung bei. Wie einige Teilnehmer übereinstimmend berichteten, sehen sich Rübezahl und sein Erschaffer sehr ähnlich. Vom 7.- 9. Mai besuchte ich die Vorstandssitzung des Arbeitskreises Landeshut und den Heimattag der Stadt und des Kreises Landeshut in Wolfenbüttel. Im letzten Jahr trat ich auf Bitten des Vorsitzenden des Arbeitskreises der Gruppe bei. Unsere Landsmannschaft ist außerdem seit einigen Jahren auch Fördermitglied dieser Gruppe, die uns schon bei größeren Projekten mit einer Spende unterstützt hat. Der AK Landeshut ist kein eingetragener Verein, aber ähnlich aufgebaut. Bemerkenswert ist die Anerkennung seiner Arbeit durch die Patenstadt und den Landkreis Wolfenbüttel. Diese stehen fest zu ihrer Patenschaft und beteiligen sich an den Kosten des jährlichen Heimattages. Das führt dazu, daß städtische und kommunale Vertreter aus dem polnischen Kamienna Gora (Landeshut) an den Treffen teilnehmen können. Bürgermeister, Landrat, Vizelandrat und Begleiter nahmen auch in diesem Jahr die Einladung an. Im Herbst werden dann wieder ehemalige Bewohner und Arbeitskreismitglieder auf Einladung der polnischen Stadtspitze nach Landeshut reisen. Dem Arbeitskreis ist es gelungen, eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den polnischen Verantwortlichen aufzubauen, die seinesgleichen sucht. Es bestehen keinerlei Berührungsängste, auch bei gegensätzlichen Meinungen. In diesem Jahr wurden nach dem Totengedenken am Gedenkstein auf dem Landeshuter Platz in Wolfenbüttel drei kleine Tafeln an den Straßenschildern enthüllt, welche die Namensgebung des Landeshuter Platzes erklären. Fast 80 Jahre nach der Vertreibung ist die Maßnahme hilfreich, damit die Nachkriegsgenerationen die Namensgebung des Platzes verstehen können. Anschließend trafen die polnischen Gäste, ehemalige Einwohner Landeshuts sowie Bürgermeister und Landrat von Wolfenbüttel in einem Lokal zusammen. Einige Grußworte der kommunalen Vertreter beider Städte eröffneten den Heimattag. Danach war Zeit zum Mittagessen und zum Austausch untereinander. Auch das Singen kam nicht zu kurz. Wie der Vorsitzende des Arbeitskreises Landeshut (übrigens auch unser rühriges Mitglied Lic. Dirk Carolus Metzig) betonte, erfreut sich das Treffen wieder steigender Beliebtheit. In diesem Jahr waren 40 Besucher gekommen.
Am 8. Juni wurde in Knappenrode der letzte Bauabschnitt im „Transferraum Heimat“ in Knappenrode eröffnet. Mitglieder unseres Vorstandes konnten aus verschiedenen Gründen daran nicht teilnehmen. Darum kann dieser Rundbrief von dem Ereignis leider nicht
berichten. Sicherlich waren einige unserer Leser anwesend. Wir würden uns über einen kurzen Bericht von Ihnen zu diesem Tag sehr freuen.
In den letzten Tagen hatte ich ein Gespräch mit einem Herrn aus Lugau. Die Stadt feiert in diesem Jahr vom 14.-18.8. ihr Stadtjubiläum (825 Jahre). Höhepunkt dieser Tage wird ein Festumzug sein, bei dem auch das Thema „Flucht und Vertreibung“ dargestellt wird. In diesem Zusammenhang bat der Mann um Rat bei der Suche nach für den Umzug brauchbaren Materialien und evtl. notwendigen Genehmigungen. Er wird sich mit der Geschäftsführerin in Knappenrode, Frau Claudia Florian, in Verbindung setzen. Wer Interesse und Zeit hat, sollte an dem Tag dem Festumzug beiwohnen, um die lobenswerte Initiative des Organisators zu unterstützen.
Die Vorbereitungen zu unserer Jahresabschlußveranstaltung am 23.11.2024 in Dorf Wehlen laufen. Inzwischen liegen schon über 30 Anmeldungen zur Teilnahme vor. Bitte melden Sie sich bei nächster Gelegenheit, wenn Sie dieser Veranstaltung beiwohnen möchten. Benötigen Sie eine Übernachtung vor Ort? Dann setzen Sie sich bitte direkt mit der Gaststätte und Pension „Zur alten Säge“ in Verbindung. Die Zimmeranzahl ist begrenzt.
Auch in diesem Rundbrief möchte ich zwei Bücher empfehlen, die ich in der vergangenen Zeit las. Bitte beachten Sie, daß die Einschätzungen meine persönliche Meinung abbilden. Beginnen möchte ich mit „Das Heimweh der Schwalben“, welches mal ein ganz anderes Buch zu dem leidvollen Thema „Flucht und Vertreibung“ ist. Hier erzählt eine Frau, die ursprünglich aus Südafrika stammt, in den deutschen Adel einheiratet und die Kriegsereignisse zum Ende des 2. Weltkriegs und der folgenden Monate hautnah erlebt.
Eine andere Sicht aus einer anderen Schicht der Deutschen, angesiedelt in Oberschlesien/Sudetenschlesien. Im Tagebuchstil werden ihre Ankunft 1935 im fremden Europa, der Aufenthalt im Familienschloß Falkenberg sowie die Stationen Breslau, Kiowitz u.a. geschildert. Der Leser liest von den Erlebnissen der Gräfin von Praschma in der Kriegszeit, vom Einmarsch und Wüten der Russen, dem Drangsal unter den neuen tschechischen „Herren“ und der Rückkehr nach Südafrika im Jahre 1947. Beeindruckend sind der Mut und die Tatkraft der Gräfin in dieser grauenhaften Zeit. Durch ihren tiefen Glauben an Gott getragen, meistert sie viele ausweglose Situationen und hilft auch anderen Menschen in ihrer Not. Sie ist ein großes Vorbild für die heutige westliche Gesellschaft, die mit wachsender Geschwindigkeit ihre Traditionen und menschlichen Werte vergißt. Ein besonderer Dank gilt der Herausgeberin des Buches. Die Tochter der Gräfin hat mit der Veröffentlichung des mütterlichen Tagebuchs dieser stillen
Heldin ein Denkmal gesetzt. Dr. Elisabeth Holtkamp-Tacken übersetzte das Buch ins Deutsche und machte mich freundlicherweise auf dieses aufmerksam. Sie meinte, es gehört von den Menschen gelesen, die das Schicksal erlitten haben und denen, die das Erbe der Menschen angenommen haben. Recht hat sie. Das Heimweh der Schwalben- Memoiren von Dorothy Gräfin Praschma Hrsg. Ilona Praschma Balfour et al, als Taschenbuch bei Amazon.de., ISBN 979-8385659913, 348 Seiten, 16,05 Euro. Das zweite Buch hat Christiane Hoffmann geschrieben und heißt „Alles, was wir nicht erinnern“. Es erschien schon 2022 und bekam ausnahmslos begeisterte Zustimmung. Die Autorin beschreibt darin ihre Gedanken, Begegnungen und Erfahrungen, die sie beim Nachgehen des Fluchtwegs („Zu Fuß. Allein.“) ihres Vaters von 1945 erlebt. Ihr Vater erzählte nicht viel von der Flüchtlingszeit, dessen Bruder schrieb aber einiges auf. Die Autorin versucht, sich in die Situation ihres Vaters, der damals noch Kind war, hineinzuversetzen. In den verschiedenen Stationen des Fluchtwegs spricht sie mit den dortigen Menschen, fragt diese nach Erinnerungen an den Flüchtlingstreck und notiert die verschiedenen Ansichten zu Vergangenheit und Gegenwart ihrer Gesprächspartner. Es ist vor allem ein sehr persönliches Buch der Autorin, ihre Suche nach der Geschichte des Vaters. Das ist auch die eigentliche Stärke des Buches. Seine Schwächen liegen in den geschichtlichen Einordnungen, die sich auf die 12 Jahre von 1933-1945 in Deutschland beschränken. Hier scheut sich Frau Hoffmann, den linken Meinungskorridor zu verlassen. Die Schuld der Deutschen und die Kritik an den Vertriebenenverbänden bleiben auch in diesem Buch nicht unerwähnt. Allerdings finden sich auch etliche überraschende und unbequeme Meinungen von Gesprächspartnern Hoffmanns wieder. Zu erwähnen bleibt noch, daß das Buch inzwischen ins Polnische übersetzt wurde und auch dort viel Zuspruch findet. Alles, was wir erinnern- Zu Fuß auf dem Fluchtweg meines Vaters, Christiane Hoffmann, dtv, ISBN 978-3-423-35216-1, 275 Seiten, 15 Euro.
Im Namen des Vorstandes bin ich mit heimatlichen Grüßen
Ihr Friedemann Scholz
Arbeitsbericht aus Oderbeltsch/ Kreis Guhrau
Im Ort Oderbeltsch/Belcz Wielkie- Gemeinde Guhrau steht das imposante Schloß der Familie von Gilka- Bötzow. Es war eine Familie die um die Jahrhundertwende durch ihre Sprit-, Rum- und Destillationsfabrik in Berlin zu Vermögen kam (Gilka-Kümmel/ Kaiser-Kümmel). 2023 wurde das Schloß durch die Landwirtschaftsagentur in Breslau an eine junge ortsansässige Familie verkauft, die sich beim Aufbau an strenge Denkmalschutzauflagen halten muß. Vor 10 Jahren wurde durch Brandstiftung das gesamte Dachgeschoß zerstört. So muß dieser Bereich zuerst komplett neu aufgebaut werden. Die im Nachbargelände befindliche Orangerie ist ebenfalls in einem desaströsen Zustand und soll, nach den optimistischen Plänen der jungen Besitzer, zu einer schmucken Festhalle umgebaut werden. Doch vor dem Bauen steht das Aufräumen, hier vor allem das Beseitigen der Schuttberge und des Mülls. Für das Wochenende 12./13.4.2024 hatten die neuen Besitzer über ihre „Facebook“-Seite einen Aufruf für ehrenamtliche Hilfe beim Beräumen gestartet. Zur großen Überraschung kamen ca. 50 Personen und Gruppen aus ganz Niederschlesien. Sogar aus Landsberg/Warthe waren Interessierte gekommen. Viele Helfer waren angereist
Nach dem Zusammenstellen von Arbeitsgruppen und der Aufgabenverteilung ging es ans Werk. Die Vertreter der Landsmannschaft Schlesien im Freistaat Sachsen bekamen die verantwortungsvolle Aufgabe, die Dachreste der Orangerie abzureißen. Bei dem Vorhaben hatten die Akteure nicht mit der soliden Bauweise der damaligen Baumeister gerechnet. So gelang die Erfüllung der Aufgabe leider nur teilweise. Das zeigt, daß noch zahlreiche Einsätze gebraucht werden, um die
Grundlage zum Aufbau zu schaffen. Auch die anderen fleißigen Helfer konnten am Ende sichtbare Erfolge vorweisen. Doch bei der Menge des Bauschuttes bleibt auch das nur ein erster Anfang. Besondere Aufmerksamkeit verdient, daß der Kandidat für das Amt des Gemeindebürgermeisters persönlich an diesem Tag zum Helfen erschien. Am Ende des Tages waren alle Helfer ziemlich erschöpft. Doch sie waren auch glücklich, wieder etwas Gutes in der Heimat Schlesien getan zu haben. Die Verständigung mit den Bewohnern und anderen Helfern funktionierte wunderbar und machte allen Beteiligten Freude. Zum Abschluß des Tages signalisierten die anwesenden Mitglieder der LM Schlesien dem Bauherrn, ihr Interesse an weiterer Hilfe. Davor muß eine professionelle Planung und Finanzierung sowie ein tragbares Nutzungskonzept erstellt werden, damit die ehrenamtliche Arbeit auch nachhaltig ist.
15.4.2024 Andreas Grapatin
Liebe Mitglieder der Orts-, Kreis- und Stadtgruppen, liebe Einzelmitglieder unseres Landesverbandes der Landsmannschaft Schlesien!
Kurz vor unserem Landesverbandstag erhalten Sie heute den Rundbrief für das zweite Quartal des Jahres. Am 20. April treffen wir uns, hoffentlich wieder recht zahlreich, zu unserer Jahresversammlung in Freiberg. Die Einladung dazu liegt Ihnen seit dem 13. März vor. Leider habe ich von Ihnen, abgesehen von ein paar Einzelmitgliedern, noch keine Rückantworten erhalten. Bitte melden Sie sich umgehend, damit ich dem Betreiber des „Brauhofs“ in Freiberg die genaue Teilnehmerzahl melden kann. Zugleich erinnere ich noch einmal an die Entrichtung des Mitgliedsbeitrages 2024. Ein Großteil unserer Mitglieder hat diesen bereits überwiesen.
Zu Beginn des Rundbriefs möchte ich noch einmal zu einer Veranstaltung in Dresden einladen, die dem vor 300 Jahren in Königsberg geborenen Immanuel Kant gewidmet ist. Er gilt als der größte Philosoph der Neuzeit. In einer Festveranstaltung am 13. April, 14:30 Uhr im Goethe-Institut, Königsbrücker Straße 84, 01099 Dresden wird der aus Nordostpreußen (Kreis Pilkallen/Schloßberg) gebürtige Physiker und Wissenschaftshistoriker Dr. Gerhard Barkleit an Kant erinnern und erläutern, warum er noch heute für uns wichtig ist. Dr. Barkleit hat seinen Vortrag ganz bewußt für die Vertriebenen und Spätaussiedler konzipiert. Es ist also kein Fachvortrag zur Philosophie. Dr. Gerhard Barkleit hat mehrere Aufsätze und Bücher über Kant und Ostpreußen vorgelegt, unter anderem sein Buch „Das nördliche Ostpreußen heute“, das sich vor allen Dingen an die jüngere Generation wendet. Auch wenn der Vortrag sich nicht speziell mit Schlesien befaßt, so ist er doch aufgrund seiner ostdeutschen Thematik für alle Vertriebenen und Nachkommen von Interesse. Ein Eintrittsgeld wird nicht erhoben, es wird aber um eine Eingangsspende gebeten.
Am 13. Februar gedachten zwei Vorstandsmitglieder auf dem Dresdner Heidefriedhof den Opfern der sinnlosen Bombardierung Dresdens 1945, zu denen auch ungezählte Flüchtlinge aus Schlesien gehörten. Sie legten am dortigen Mahnmal einen weiß-gelben Kranz nieder, dessen Schleifen die Aufschriften „In ewigem Gedenken-LM Schlesien/LV Sachsen-Schlesische Lausitz e.V.“ trugen. Auch wenn die Stadt Dresden den Jahrestag des Erinnerns
inzwischen dem Zeitgeist angepaßt hat, werden wir an der traditionellen Gedenkkultur festhalten. Unsere erste Veranstaltung in diesem Jahr fand am 9. März in Wehlen statt. 14 Mitglieder und Freunde unseres Vereins trafen sich zum „Schlesischen Kochstudio“ in der Gaststätte „Zur alten Säge“. Auch bei der vierten Auflage dieser Veranstaltung kochten die Beteiligten gemeinsam ein paar schlesische Gerichte, die im Vorfeld aus der großen Vielfalt der Möglichkeiten ausgewählt wurden. So kamen eine Hühnersuppe mit selbstgemachten Nudeln, Hirschberger Bierfleisch und zum Abschluß ein Apfelauflauf (Apfelfilsel) auf den Tisch. Die Teilnehmer hatten wieder viel Spaß beim gemeinsamen Zubereiten der Speisen. „Viele Köche verderben den Brei“, diese allgemeine Einschätzung traf für diese Veranstaltung nicht zu. Es hat allen Teilnehmern bestens geschmeckt, und so vergingen die reichlich vier Stunden wie im Fluge. Unser Landesverband hat sich für dieses Jahr vorgenommen, gemeinsam mit der Bundesheimatgruppe Strehlen den vorhandenen Gedenkstein auf dem ehemaligen evangelischen Friedhof in Strehlen/Strzelin zu renovieren. Zur Vorbereitung reisten die Heimatfreunde Pusch und Scholz zu einem Gespräch mit Vertretern des Stadtparlaments nach Strehlen. Die Bürgermeisterin, ihr Sekretär und die Dolmetscherin empfingen uns im wiedererrichteten Rathaus (s. Rundbrief 1/2024) zur Absprache des geplanten Vorhabens. In freundschaftlicher Atmosphäre fand man schnell eine Einigung. Die Genehmigung zur Renovierung erteilte die Stadt kurzfristig, und sie gab die Zusage, sich an den Arbeiten und Kosten zu beteiligen. Ein Steinmetzbetrieb der Stadt wird die Gedenktafel reinigen und konservieren, so daß diese wieder gut lesbar ist. Die Stadt wird die kleine gepflasterte Fläche um den Gedenkstein reparieren und die Bepflanzung erneuern. Unsere dafür eingeplanten finanziellen Mittel könnten dadurch geringer ausfallen. Im Anschluß an das Gespräch führte uns die Bürgermeisterin noch ausgiebig durch die Räume des Rathauses. Dabei erfuhren die Gäste, daß das kleine Heimatmuseum der Stadt künftig seinen Platz in den Gewölben des Rathauses findet, auch ein „Ratskeller“ soll wieder einziehen. Bereits zu sehen ist im Rathausturm ein Zimmer, was an den Nobelpreisträger Paul Ehrlich erinnert, der in Strehlen zur Welt kam. Im vergangenen Rundbrief erwähnte ich auch den „Schlesischen Stammtisch“ in Dresden, der im Oktober 2023 startete. Inzwischen hat sich schon ein kleiner Kreis von 6-8 Personen gebildet, der an diesen Treffen regelmäßig teilnimmt. Ein schöner Erfolg dieser Zusammenkünfte ist die Neuaufnahme zweier Mitglieder aus diesem Kreis in unseren Landesverband. Der nächste Stammtisch findet am 17. April 2024 im Gasthof „Zur Post“ in Dresden auf der Pirnaer Landstraße statt. Beginn ist um 18 Uhr. Erneut hat unser Partnerverein „TILIAE“ aus Liegnitz für Schlagzeilen in der Region gesorgt. Bereits 2021 wurde den Mitgliedern durch einen Zeitzeugen ein Grab von drei Menschen aus dem Jahre 1945 auf einem Privatgrundstück bekannt. Die ersten Bewohner des ehemals deutschen Hofes achteten das Grab jahrelang und bepflanzten es mit Blumen. Unter dem nächsten Eigentümer geriet das Grab in Vergessenheit und wurde zur Abstellfläche für Abfall. Nachdem der gegenwärtige Besitzer seine Erlaubnis gegeben hatte, wandten sich die Mitglieder an den polnischen Verein „Pomost“, einen Partner der Deutschen Kriegsgräberfürsorge in Polen. Dieser plante die Exhumierung für März 2024. Wird der Zeitzeugenbericht und die Lage des Grabes zutreffen? Das war die spannende Frage, als am 12. März Mitarbeiter von „Pomost“ die Suche auf dem Grundstück begannen. Diese war erfolgreich. Es konnten die Gebeine von drei Personen gefunden und geborgen werden. Auch wenn die Namen der Toten durch Zeugenaussagen bekannt sind, wirft die Gravur eines gefundenen Ringes Fragen auf. Laut Zeugenaussagen waren die drei Menschen Opfer eines Selbstmordes, den sie im Januar 1945 vor dem Einrücken der sowjetischen Armee in Liegnitz begingen. Die Exhumierten werden ihre endgültige Ruhestätte jetzt auf der Kriegsgräberstädte Groß Nädlitz/Nadolice Wielkie finden.
Am 17. März fand in Breslau ein weiteres Treffen der „Hüter der (Nicht)Erinnerung“ statt, an dem ich als Landesvorsitzender unserer Landsmannschaft teilnahm. Dies war die bereits fünfte Veranstaltung unter diesem Motto, bei der sich Vereine, Gruppen und Einzelpersonen begegnen, die sich mit der Rettung deutscher evangelischer Friedhöfe in Polen befassen. Schwerpunktthema war diesmal die Vorbereitung und der Beginn zu einem Dokumentarfilm, der die verschiedenen ehrenamtlichen Akteure und deren Projekte vorstellt. Darin sollen auch die Hürden und Schwierigkeiten benannt werden, mit denen die Freiwilligen zu kämpfen haben. Die gesamte Veranstaltung dieses Tages wurde dabei in Bild und Ton festgehalten. In Gesprächsrunden wurden die Schwerpunkte, Zielstellungen und Drehorte besprochen. Dabei wurde unser langjähriges Projekt, der Friedhof in Nieder-Schreiberhau, ebenfalls für Filmaufnahmen ausgewählt. Außerdem sprachen die Teilnehmer über ihre aktuellen Projekte und Pläne. Der Verein „TILIAE“ berichtete über die erfolgte Exhumierung dreier Opfer eines Selbstmords vom Januar 1945 in Pfaffendorf/Liegnitz (s.o.). Leider hat diese erfolgreiche Bergung in der Presse und in den sozialen Netzwerken eine teils würdelose und überhitzte Sensationsgier entfacht, bei der die Frauen auch verbalen Angriffen ausgesetzt waren. Diese Erfahrung war für sie sehr bedrückend. Alan Weiss vom Verein „Breslau schaut unter der Erde hervor“ konnte von der kürzlich erfolgten Bergung eines Grabsteins am Endpunkt einer Breslauer Straßenbahnlinie berichten. Sein Verein recherchiert zu den gefundenen Namen auf den Grabsteinen, deren Ergebnisse dann in den sozialen Netzwerken veröffentlicht und rege aufgerufen werden. Edmund Gos aus Groß Wartenberg/Sycow berichtete darüber, daß er mit seinen Mitstreitern inzwischen sechs deutsche Friedhöfe in seiner Umgebung betreut. Ingrid Schnabel-Mumme kümmert sich mit einer Gruppe deutsch-polnischer Unterstützer um einen Friedhof in Wiesenthal/Bystrzyca bei Lähn/Wlen, den sie jährlich zweimal besucht. Auch Tomasz Zolkiewicz von der Stiftung „Natura Polska“ war erneut auf dem Treffen vertreten und beschrieb die beiden ähnlichen Projekte in Pommern und der Region Sorau, die von ihm betreut werden. Dabei werden jeweils drei Friedhöfe in den Projektregionen sichtbar gemacht, aufgeräumt, dokumentiert, katalogisiert, in touristische Karten eingetragen, mit Informationstafeln versehen und in den touristischen „Pfad der Nekropolen“ eingeordnet. Die detaillierten Ziele sind im Projektantrag nachzulesen. Als Projektpartner für Sorau/Zary hatten wir uns bereits im vergangenen Jahr bereiterklärt. Inzwischen haben 12 Mitglieder und Freunde unseres LV am ersten Einsatz des o.g. Projekts in Syrau/Surowa teilgenommen. Bei widrigem Wetter wurde am 23. März der dortige kleine Friedhof freigeschnitten, die gefundenen Grabsteine wurden aufgestellt, gereinigt, befestigt und dokumentiert. Mit dem anfallenden Geäst errichteten die Teilnehmer eine niedrige Umfassung der Friedhofsfläche. Der Einsatz war sehr gut organisiert und vorbereitet. Unsere Mitglieder erhielten eine pauschale Fahrtkostenbeihilfe durch den polnischen Projektträger, was unsere Vereinskasse entlastet.
Am 27. April besuchen die Projektbeteiligten bei einer Exkursion zwei bedeutsame Friedhöfe in Ralbitz und Görlitz. Ebenfalls am 23. März fand in Chemnitz der Landesverbandstag der Vertriebenen und Spätaussiedler in Sachsen statt (LVS). Da gleichzeitig der o.g. Einsatz im Rahmen des Projekts mit der polnischen Stiftung „Natura Polska“ angesetzt war, wurde der Vorstand unserer LM von den Heimatfreunden Galisch und Felsch vertreten. Nach deren Einschätzung brachte die Versammlung kaum neue Erkenntnisse. Der Vorschlag zur Erhöhung der Mitgliedsbeiträge ab 2025 fand bei der Abstimmung eine Mehrheit. Unsere beiden Vertreter stimmten dabei mit „Nein“. Für uns als Landesverband soll sich nach diesem Beschluß der jährliche Beitrag von 120 auf 135 Euro erhöhen. Unbedingt hinweisen möchte ich noch auf die laufende Sonderausstellung im Schlesischen Museum zu Görlitz. Leider nur noch bis zum 15. April ist sie unter dem Titel „Niederschlesien im Aufbruch – Gewerbe und Industrie entlang der Schlesischen Gebirgsbahn“ zu sehen. Zu entdecken ist die eindrucksvolle Industriegeschichte Niederschlesiens. In Görlitz wurde mit der Produktion von Dampfmaschinen und -turbinen die Grundlage der Industrialisierung geschaffen. In Lauban („Lauban putzt der Welt die Nase“) fertigten zwischen 1850 und 1945 etwa 35 Fabriken ca. 90 Prozent der in Deutschland hergestellten Taschentücher. Aus Langenöls stammt der „Ausziehtisch“. Robert Ruscheweyh besaß weltweit das erste Patent dafür. In Schlesien war auch der Blaudruck zu Hause. In Greiffenberg entstand eine Blaudruck-Fabrik, die sich später in ein Werk für Berufs- und Arbeitskleidung wandelte. Der letzte Handwerksbetrieb, der sich noch heute mit Blaudruck beschäftigt, ist in Pulsnitz zu finden (Ursprung Steinau/Schlesien). Wahre kleine textile Wunderwerke sind die Spitzen, welche im Hirschberger Raum entstanden. Auch der Fremdenverkehr im Riesengebirge entwickelte sich durch den Eisenbahnausbau rasch. Souvenirs, Schnitzereien und allerlei Krimskrams wurde für die Gäste produziert. Waldenburg bildet den Endpunkt der Sonderausstellung. Außer dem Abbau der wichtigen Kohle produzierten in dieser Stadt die Manufakturen von Tielsch und Krister das „weiße Gold“, Porzellan für das ganze Deutsche Reich und den Export. Und wenn man denkt, daß die Elektrifizierung der Eisenbahnstrecken ein Ergebnis der Nachkriegsentwicklung ist, wird man eines Besseren belehrt. 1911 wurde bereits die Strecke zwischen Niedersalzbrunn und dem böhmischen Halbstadt elektrifiziert. Noch vor dem ersten Weltkrieg begann man mit der elektrischen Umstellung der Schlesischen Gebirgsbahn. Und die Strecke von Dresden nach Görlitz wartet schon 30 Jahre darauf……. Also, ich kann die Sonderausstellung nur in höchsten Tönen loben.
Nun freue ich mich auf das Wiedersehen mit Ihnen in Freiberg am 20.April!
Im Namen des Vorstandes bin ich mit heimatlichen Grüßen
Ihr Friedemann Scholz