Rundbrief 3/2024

Friedemann Scholz, Wöhlerstr.22, 01139 Dresden, Fernruf: 0351/8482900, Fax: 0351/85673281, e-Post: kontakt.lmslvsn@gmail.com Vorsitzender: Friedemann Scholz Bankverbindung: Ostsächsische Sparkasse Dresden 1.Stellvertreter. Helge Krause IBAN: DE63 8505 0300 3120 1577 15 Schatzmeister: Falk Pusch BIC: OSDDDE81XXX Schriftführer Bernd Felsch VR 2690 Amtsgericht Dresden Rundbrief 3/2024 Dresden, 24.6.2024 Liebe Mitglieder der Orts-, Kreis- und Stadtgruppen, liebe Einzelmitglieder unseres Landesverbandes der Landsmannschaft Schlesien! Der dritte Rundbrief des Jahres erreicht Sie zu Beginn der Sommermonate. Viele von Ihnen werden in den nächsten Wochen die Koffer für den wohlverdienten Urlaub packen. Einige unserer Leser werden wieder in die Heimat ihrer Kindheit oder ihrer Vorfahren reisen. Am 27. April fand die Studienfahrt mit Vertretern der polnischen Stiftung „Natura Polska“, dem Görlitzer Verein GÜSA e.V. und Mitgliedern unserer Landsmannschaft statt. Auch der Görlitzer Verein ist Partner bei dem grenzüberschreitenden Projekt „Friedhof- historischer und kultureller Raum und seine zukünftige touristische Nutzung im deutsch-polnischen Grenzgebiet“. Mitglieder unseres Landesverbandes sind an den vier verschiedenen Teilen des Projekts fest eingebunden (Rundbrief 2/2024). In dem Zusammenhang rufen wir noch einmal zur Mitarbeit am Projektwochenende 5./6.Oktober 2024 auf, wo auf zwei Dorffriedhöfen in der Gegend von Sorau/Zary gearbeitet wird. Die erste Station der Studienreise war Ralbitz im Kreis Bautzen, wo der dortige sorbische Friedhof besichtigt wurde. Die Besonderheit der Anlage besteht darin, daß alle Gräber ein einheitliches Aussehen haben. Die Stellung oder das Ansehen der Person zu Lebzeiten spielt keine Rolle, jeder ist vor Gott gleich. So steht auf jedem Grab ein weißes Holzkreuz mit den persönlichen Daten des Verstorbenen. Familiengräber oder reservierte Grabstellen bestehen nicht. Die Bestattungen erfolgen nach dem Sterbedatum. Zweite Station der Reise war ein Besuch der Gedenkstätte für gefallene polnische Soldaten in Crostwitz. Am 28.4.1945 verloren 2000 von ihnen ihr Leben bei den Kämpfen mit der deutschen Wehrmacht. Für diese war es die letzte erfolgreiche Operation im Abwehrkampf. In der DDR-Ära wurde an dem Denkmal wiederholt der Befreiung vom Faschismus und dem Heldenmut der „Befreier“ gedacht. Anschließend führte uns die Reise zum Kloster St. Marienstern in Panschwitz-Kuckau, einer Zisterzienser- Abtei. Sie wurde 1248 gegründet und blieb ohne Unterbrechung bestehen. Einige Bereiche sind für die Öffentlichkeit zugänglich: Klosterkirche, -garten, -museum, -gaststätte und -laden. Bis 1972 bestand auch eine Klosterbrauerei. Heute wird das Bier des Klosters in Wittichenau gebraut. 2 Sorbischer Friedhof Ralbitz Nikolaifriedhof Görlitz Den Abschluß der Besichtigungstour bildete der Besuch des Görlitzer Nikolaifriedhofs. Dieser wurde bereits im 12. Jahrhundert angelegt und war bis 1847 der Hauptbegräbnisort der Stadt. Die jahrhundertealten Grabsteine, Grüfte und Epitaphe bezeugen früheste Begräbniskultur. Auf ihm ruhen z.B. der Mystiker Jakob Böhme und der Maler Johannes Maximilian Avenarius, der u.a. die Paradieshalle von Gerhart Hauptmanns Wiesenstein in Agnetendorf schuf. Der ereignisreiche Tag endete mit einem Mittagessen im „Stellmacherhaus“ in Ost-Görlitz. Das 1822 gebaute Umgebindehaus stand in Weigsdorf, in der Nähe des Ortes Reichenau/Bogatynia- bis 1945 zu Sachsen gehörend. Als der Tagebau Türchau/Turow das Gelände des Dorfes beanspruchte, wurde das Haus von einer Privatperson gekauft, in Einzelteile zerlegt und am jetzigen Standort wiedererrichtet. Es ist das einzig erhaltene Haus des früheren Ortes. Am 13./14.April 2024 halfen einige Mitglieder unseres LV bei einer privaten Initiative im Kreis Guhrau. Im Ort Oderbeltsch/Belcz Wielkie steht ein imposantes Schloß, das früher einer Familie von Gilka- Bötzow gehörte. Vor 10 Jahren wurde durch Brandstiftung das gesamte Dachgeschoß zerstört. 2023 wurde das Schloß durch die Landwirtschaftsagentur in Breslau an eine junge ortsansässige Familie verkauft. Für die genannten Tage hatten die Besitzer über ihre „Facebook“-Seite einen Aufruf für ehrenamtliche Hilfe beim Beräumen gestartet. Zur großen Überraschung kamen ca. 50 Personen und Gruppen aus ganz Niederschlesien, darunter sechs Mitglieder unserer LM Schlesien. So konnte an den beiden Tagen die Grundlage für den Aufbau des Schlosses gelegt werden. Ende Mai schrieb uns der „Schloßherr“ einen Brief, in dem er sich für die tatkräftige Hilfe unserer Mitglieder bedankte. Gleichzeitig schlug er eine Kooperation beim Wiederaufbau des historischen Denkmals mit unserem Verein vor. Er lud uns zu einer Besichtigung vor Ort mit anschließendem 3 Meinungsaustausch ein. Im Antwortschreiben verwiesen wir darauf, daß es für eine ehrenamtliche Unterstützung durch uns einiger Voraussetzungen bedarf. So erwarten wir eine professionelle Planung und Finanzierung sowie ein tragbares Nutzungskonzept. Erwartungen nach finanzieller Hilfe sind nicht angebracht. Wir warten jetzt aber erst einmal den Termin vor Ort ab. Im letzten Rundbrief berichteten wir vom Vorhaben, den Gedenkstein auf dem ehemaligen evangelischen Friedhof in Strehlen/Strzelin gemeinsam mit der Bundesheimatgruppe zu renovieren. Nach dem vorausgegangenen Gespräch mit der Bürgermeisterin der Stadt können wir heute vom erfolgreichen Abschluß des Projekts berichten. Das Foto zeigt den renovierten Stein. Es bleibt zu hoffen, daß die Bepflanzung der unmittelbaren Umgebung des Gedenksteins auch noch erneuert wird. Sicher haben Sie schon bemerkt, daß seit einigen Wochen unsere Netzseite nicht mehr auf dem neuesten Stand ist. Leider kann der bisherige Betreuer unserer Seite diese Aufgabe aus familiären Gründen nicht mehr wahrnehmen. Wir waren dadurch gezwungen, einen neuen Betreiber zu suchen. Eine Firma in Kamenz wird in Zukunft diese Aufgabe übernehmen. Allerdings muß die Seite komplett neugestaltet und den heutigen gültigen Vorschriften und Formaten gerecht werden. Das Vorhaben erfordert auch eine erhebliche Geldsumme, die nicht im laufenden Haushaltplan eingestellt ist. Derzeit werden die Nutzer unserer Seite auf die geplante Neugestaltung hingewiesen. Wir hoffen, daß im August das Grundgerüst der neuen Seite zur Abstimmung vorliegt. Bitte rufen Sie die Seite trotzdem immer mal wieder auf, damit wir beim Auffinden im Internet nicht an Boden verlieren. Erfreuliches gibt es vom Landesverband der LM Schlesien in Berlin/Mark Brandenburg zu berichten. Nach jahrelangen Versuchen, den Landesverband dort wieder zu beleben, scheint das jetzt gelungen zu sein. Unser Mitglied Lic. Dirk Carolus Metzig übernahm dabei gemeinsam mit dem langjährigen Landesvorsitzenden Wolfgang Liebehenschel die Initiative. Es gelang ihm, mehrere jüngere Leute als Mitglieder für den Vereinsvorstand zu gewinnen. Außerdem konnte er die noch verbliebenen Mitglieder mobilisieren und damit eine Grundlage für einen Neubeginn legen. Allerdings führte die Hilfe dann ungewollt dazu, daß er am 18. Mai 2024 zum Landesvorsitzenden in Berlin gewählt wurde, weil Hfrd. Liebehenschel kurzfristig den Vorsitz aus persönlichen Gründen niederlegte. Damit seine Bemühungen im Vorfeld nicht vergeblich waren, nahm unser Mitglied die große Herausforderung an. Wir werden die Gelegenheit nutzen, um künftig eine enge Zusammenarbeit mit dem Landesverband unter seinem Vorsitzenden zu verabreden. Nur in Sachsen und Berlin/Mark Brandenburg bestehen damit eigenständige Landsmannschaften, sie sind also die einzigen Vertreter für ganz Mitteldeutschland. Diese Gegebenheit wird mehr Aufmerksamkeit vom Bundesvorstand erfordern. Bisher sahen wir uns als die einzige kritische Stimme in Königswinter. 4 Am 31. Mai enthüllten in Bad Harzburg der Bürgermeister der Stadt und der Künstler Prof. Rumpf einen lebensgroßen bronzenen Rübezahl. Das Kunstwerk ist ein Geschenk des Heimatbundes Hirschberg an die Patenstadt von Schreiberhau/Riesengebirge. Viele Bürger von Bad Harzburg und ehemalige Bewohner Schreiberhaus wohnten der Einweihung bei. Wie einige Teilnehmer übereinstimmend berichteten, sehen sich Rübezahl und sein Erschaffer sehr ähnlich. Vom 7.- 9. Mai besuchte ich die Vorstandssitzung des Arbeitskreises Landeshut und den Heimattag der Stadt und des Kreises Landeshut in Wolfenbüttel. Im letzten Jahr trat ich auf Bitten des Vorsitzenden des Arbeitskreises der Gruppe bei. Unsere Landsmannschaft ist außerdem seit einigen Jahren auch Fördermitglied dieser Gruppe, die uns schon bei größeren Projekten mit einer Spende unterstützt hat. Der AK Landeshut ist kein eingetragener Verein, aber ähnlich aufgebaut. Bemerkenswert ist die Anerkennung seiner Arbeit durch die Patenstadt und den Landkreis Wolfenbüttel. Diese stehen fest zu ihrer Patenschaft und beteiligen sich an den Kosten des jährlichen Heimattages. Das führt dazu, daß städtische und kommunale Vertreter aus dem polnischen Kamienna Gora (Landeshut) an den Treffen teilnehmen können. Bürgermeister, Landrat, Vizelandrat und Begleiter nahmen auch in diesem Jahr die Einladung an. Im Herbst werden dann wieder ehemalige Bewohner und Arbeitskreismitglieder auf Einladung der polnischen Stadtspitze nach Landeshut reisen. Dem Arbeitskreis ist es gelungen, eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den polnischen Verantwortlichen aufzubauen, die seinesgleichen sucht. Es bestehen keinerlei Berührungsängste, auch bei gegensätzlichen Meinungen. In diesem Jahr wurden nach dem Totengedenken am Gedenkstein auf dem Landeshuter Platz in Wolfenbüttel drei kleine Tafeln an den Straßenschildern enthüllt, welche die Namensgebung des Landeshuter Platzes erklären. Fast 80 Jahre nach der Vertreibung ist die Maßnahme hilfreich, damit die Nachkriegsgenerationen die Namensgebung des Platzes verstehen können. Anschließend trafen die polnischen Gäste, ehemalige Einwohner Landeshuts sowie Bürgermeister und Landrat von Wolfenbüttel in einem Lokal zusammen. Einige Grußworte der kommunalen Vertreter beider Städte eröffneten den Heimattag. Danach war Zeit zum Mittagessen und zum Austausch untereinander. Auch das Singen kam nicht zu kurz. Wie der Vorsitzende des Arbeitskreises Landeshut (übrigens auch unser rühriges Mitglied Lic. Dirk Carolus Metzig) betonte, erfreut sich das Treffen wieder steigender Beliebtheit. In diesem Jahr waren 40 Besucher gekommen. Am 8. Juni wurde in Knappenrode der letzte Bauabschnitt im „Transferraum Heimat“ in Knappenrode eröffnet. Mitglieder unseres Vorstandes konnten aus verschiedenen Gründen daran nicht teilnehmen. Darum kann dieser Rundbrief von dem Ereignis leider nicht 5 berichten. Sicherlich waren einige unserer Leser anwesend. Wir würden uns über einen kurzen Bericht von Ihnen zu diesem Tag sehr freuen. In den letzten Tagen hatte ich ein Gespräch mit einem Herrn aus Lugau. Die Stadt feiert in diesem Jahr vom 14.-18.8. ihr Stadtjubiläum (825 Jahre). Höhepunkt dieser Tage wird ein Festumzug sein, bei dem auch das Thema „Flucht und Vertreibung“ dargestellt wird. In diesem Zusammenhang bat der Mann um Rat bei der Suche nach für den Umzug brauchbaren Materialien und evtl. notwendigen Genehmigungen. Er wird sich mit der Geschäftsführerin in Knappenrode, Frau Claudia Florian, in Verbindung setzen. Wer Interesse und Zeit hat, sollte an dem Tag dem Festumzug beiwohnen, um die lobenswerte Initiative des Organisators zu unterstützen. Die Vorbereitungen zu unserer Jahresabschlußveranstaltung am 23.11.2024 in Dorf Wehlen laufen. Inzwischen liegen schon über 30 Anmeldungen zur Teilnahme vor. Bitte melden Sie sich bei nächster Gelegenheit, wenn Sie dieser Veranstaltung beiwohnen möchten. Benötigen Sie eine Übernachtung vor Ort? Dann setzen Sie sich bitte direkt mit der Gaststätte und Pension „Zur alten Säge“ in Verbindung. Die Zimmeranzahl ist begrenzt. Auch in diesem Rundbrief möchte ich zwei Bücher empfehlen, die ich in der vergangenen Zeit las. Bitte beachten Sie, daß die Einschätzungen meine persönliche Meinung abbilden. Beginnen möchte ich mit „Das Heimweh der Schwalben“, welches mal ein ganz anderes Buch zu dem leidvollen Thema „Flucht und Vertreibung“ ist. Hier erzählt eine Frau, die ursprünglich aus Südafrika stammt, in den deutschen Adel einheiratet und die Kriegsereignisse zum Ende des 2. Weltkriegs und der folgenden Monate hautnah erlebt. Eine andere Sicht aus einer anderen Schicht der Deutschen, angesiedelt in Oberschlesien/Sudetenschlesien. Im Tagebuchstil werden ihre Ankunft 1935 im fremden Europa, der Aufenthalt im Familienschloß Falkenberg sowie die Stationen Breslau, Kiowitz u.a. geschildert. Der Leser liest von den Erlebnissen der Gräfin von Praschma in der Kriegszeit, vom Einmarsch und Wüten der Russen, dem Drangsal unter den neuen tschechischen „Herren“ und der Rückkehr nach Südafrika im Jahre 1947. Beeindruckend sind der Mut und die Tatkraft der Gräfin in dieser grauenhaften Zeit. Durch ihren tiefen Glauben an Gott getragen, meistert sie viele ausweglose Situationen und hilft auch anderen Menschen in ihrer Not. Sie ist ein großes Vorbild für die heutige westliche Gesellschaft, die mit wachsender Geschwindigkeit ihre Traditionen und menschlichen Werte vergißt. Ein besonderer Dank gilt der Herausgeberin des Buches. Die Tochter der Gräfin hat mit der Veröffentlichung des mütterlichen Tagebuchs dieser stillen 6 Heldin ein Denkmal gesetzt. Dr. Elisabeth Holtkamp-Tacken übersetzte das Buch ins Deutsche und machte mich freundlicherweise auf dieses aufmerksam. Sie meinte, es gehört von den Menschen gelesen, die das Schicksal erlitten haben und denen, die das Erbe der Menschen angenommen haben. Recht hat sie. Das Heimweh der Schwalben- Memoiren von Dorothy Gräfin Praschma Hrsg. Ilona Praschma Balfour et al, als Taschenbuch bei Amazon.de., ISBN 979-8385659913, 348 Seiten, 16,05 Euro. Das zweite Buch hat Christiane Hoffmann geschrieben und heißt „Alles, was wir nicht erinnern“. Es erschien schon 2022 und bekam ausnahmslos begeisterte Zustimmung. Die Autorin beschreibt darin ihre Gedanken, Begegnungen und Erfahrungen, die sie beim Nachgehen des Fluchtwegs („Zu Fuß. Allein.“) ihres Vaters von 1945 erlebt. Ihr Vater erzählte nicht viel von der Flüchtlingszeit, dessen Bruder schrieb aber einiges auf. Die Autorin versucht, sich in die Situation ihres Vaters, der damals noch Kind war, hineinzuversetzen. In den verschiedenen Stationen des Fluchtwegs spricht sie mit den dortigen Menschen, fragt diese nach Erinnerungen an den Flüchtlingstreck und notiert die verschiedenen Ansichten zu Vergangenheit und Gegenwart ihrer Gesprächspartner. Es ist vor allem ein sehr persönliches Buch der Autorin, ihre Suche nach der Geschichte des Vaters. Das ist auch die eigentliche Stärke des Buches. Seine Schwächen liegen in den geschichtlichen Einordnungen, die sich auf die 12 Jahre von 1933-1945 in Deutschland beschränken. Hier scheut sich Frau Hoffmann, den linken Meinungskorridor zu verlassen. Die Schuld der Deutschen und die Kritik an den Vertriebenenverbänden bleiben auch in diesem Buch nicht unerwähnt. Allerdings finden sich auch etliche überraschende und unbequeme Meinungen von Gesprächspartnern Hoffmanns wieder. Zu erwähnen bleibt noch, daß das Buch inzwischen ins Polnische übersetzt wurde und auch dort viel Zuspruch findet. Alles, was wir erinnern- Zu Fuß auf dem Fluchtweg meines Vaters, Christiane Hoffmann, dtv, ISBN 978-3-423-35216-1, 275 Seiten, 15 Euro. Im Namen des Vorstandes bin ich mit heimatlichen Grüßen Ihr
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